Am kommenden Samstag findet der letzte Spieltag der diesjährigen Saison der Blindenfußball-Bundesliga statt. Die acht Teams sind diesmal auf dem Münsterplatz in Bonn zu Gast. Das Spitzenspiel um die Deutsche Meisterschaft zwischen dem MTV Stuttgart und dem FC St. Pauli beginnt um 16.30 Uhr.
Es ist wie in einem schlimmen Traum. Man steigt eine Treppe hoch, dem Ziel entgegen und ausgerechnet die letzte Stufe ist drei Meter hoch. Man schaut nach oben. Sauer, verzweifelt, bald resignierend.
Der FC St. Pauli beendete die vergangenen drei Spielrunden als Deutschlands beste Blindenfußball-Mannschaft nach der Vorrunde. Dreimal unterlagen die Hamburger anschließend im Finale. Im Jahr 2018 verlor das Team mit 1:2 gegen den MTV Stuttgart. Beide Tore der Schwaben erzielte Alexander Fangmann. 2019 siegten die Sportfreunde Blau-Gelb Marburg im Penalty-Schießen. Im vergangenen Jahr gewann wiederum der MTV Stuttgart mit 3:0-Toren nach Fangmanns Hattrick in der zweiten Halbzeit. Vor dieser Saison wurde der Modus geändert und die Finalspiele abgeschafft. Die Abschlusstabelle soll entscheiden. Punktgleich mit dem Rekordmeister MTV Stuttgart steht der FC St. Pauli aufgrund des besseren Torverhältnisses aktuell an der Tabellenspitze. Paulis Problem: Im letzten Spiel der Saison heißt der Gegner MTV Stuttgart. Die letzte Treppenstufe ist sehr hoch.
An diesem Samstag also findet der fünfte und letzte Spieltag der diesjährigen Saison der Blindenfußball-Bundesliga statt. Die vier Punktspiele werden ab 8.30 Uhr auf dem Bonner Münsterplatz ausgetragen. Um 16.30 Uhr ist Anpfiff für die allesentscheidende Partie: FC St. Pauli gegen MTV Stuttgart. Damit endet die 14. Saison der Liga, die seit dem Jahr 2008 von der DFB-Stiftung Sepp Herberger, dem Deutschen Behindertensportverband und dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband organisiert und finanziert wird.
Borussia Dortmunds Blindenfußballer können im Ligaspiel gegen den fünffachen Meister aus Marburg noch den dritten Platz erobern. Ebenfalls auf dem Kunstrasenplatz in Bonn werden am Samstag die letzten beiden Spiele der Amputierten-Fußball-Bundesliga ausgetragen. Mit dabei ist auch Christian Heintz von Anpfiff Hoffenheim, der am Samstag dreimal an der Torwand im ZDF-Sportstudio traf.
Blindenfußball-Bundestrainer Martin Mania sieht weniger psychologische denn personelle Gründe für Paulis dreimaliges Scheitern. „In den beiden Finalspielen 2018 und 2020 gegen Stuttgart musste Pauli auf Jonathan Tönsing verzichten. Das ist schon eine entscheidende Schwächung“, betont Mania. Über den 22-jährigen Hamburger Stürmer schrieb zuletzt die Süddeutsche Zeitung: „Wenn in der Fußball-Bundesliga die Topstürmer Robert Lewandowski oder Erling Haaland oft den Beinamen ‚Lebensversicherung‘ erhalten, muss für Jonathan Tönsing ein passender Superlativ erst noch erfunden werden.“ 30 der 40 Tore seiner Mannschaft machte „Joni“, wie ihn die Mitspieler nennen. Beim Sieg über die SG Fortuna Düsseldorf/1. FC Düren erzielte er alle neun Treffer seines Teams.
„Seine Schusstechnik ist auf europäischem Spitzenniveau“, sagt Mania über den Rekordstürmer der Liga. „Mir würden weltweit höchstens fünf Spieler einfallen, die da noch drüberstehen. Wenn er seine linke Pike loslassen kann, trifft er so hart und präzise, dass es für den Torwart sehr schwer wird.“ Der 28-jährige Gymnasial-Lehrer hat zum Jahresbeginn die Aufgabe als Bundestrainer im Blindenfußball übernommen. Im kommenden Jahr steht die Europameisterschaft an. Das große Ziel sind 2024 die Paralympics in Paris. Trotz großer Qualitäten aber sei Jonathan Tönsing nicht der Erfolgsgarant schlechthin. „In der Nationalmannschaft müssen alle Positionen top besetzt sein“, stellt Mania klar.
Für den FC St. Pauli aber ist Jonathan Tönsing am Samstag genau das. Der entscheidende Spieler auf dem Platz. Tönsing muss treffen - damit der FC St. Pauli am Samstagabend endlich wieder die DFB-Meisterplakette hochstemmen und den Titel „Deutscher Meister im Blindenfußball“ tragen kann.
Der Eintritt zu den Spielen ist frei. Für die Zuschauer gilt die „3G-Regel“. Für blinde und sehbehinderte Besucher werden die Spiele vor Ort kommentiert.
8.30 Uhr - BSV 1958 Wien - FC Schalke 04
10.00 Uhr - Anpfiff Hoffenheim - Fortuna Düsseldorf(Amputierten-Fußball-Bundesliga)
11.30 Uhr - Hertha BSC - SG Fortuna Düsseldorf / 1. FC Düren
13.00 Uhr - Fortuna Düsseldorf - SG Nord-Ost(Amputierten-Fußball-Bundesliga)
14.30 Uhr - SF Blau-Gelb Blista Marburg - Borussia Dortmund
16.30 Uhr - MTV Stuttgart - FC St. Pauli
ca. 18 Uhr - Meisterehrung