Blau-Gelb Blista Marburg hat die Einschätzung von Bundestrainer Martin Mania eindrucksvoll bestätigt. Zum Auftakt der Blindenfußball-Bundesliga am Samstag auf dem Karlsruher Schlossplatz besiegte der fünfmalige Deutsche Meister die Spielgemeinschaft Fortuna Düsseldorf/PSV Köln mit 11:0 (6:0). Nationalspieler Taime Kuttig erzielte fünf Tore. Der Bundestrainer hatte es vorhergesagt und die Nordhessen bereits unter der Woche neben Vorjahrsmeister FC St. Pauli und MTV Stuttgart dem Kreis der Titelfavoriten zugeordnet. Nach der Leistung am Samstag ist Marburg vielleicht sogar der chancenreichste Wettbewerber. Das zweite Spiel des Tages gewann der FC Schalke 04 mit 2:0 (2:0) gegen BSV 1958 Wien.
Die sogenannten ‚Stadtspieltage‘ sind fester Bestandteil des Spielplans der Blindenfußball-Bundesliga. „Es geht um das Recht auf Teilhabe. Wir müssen auch im Fußball unsere Strukturen weiter ausbauen, um Menschen mit einer Behinderung diese Teilhabe zu ermöglichen“, sagte DFB-Vizepräsident Ralph-Uwe Schaffert in Karlsruhe. Ronny Zimmermann, 1. DFB-Vizepräsident und als Präsident des Badischen Fußballverbandes quasi Hausherr, unterstrich das hohe Niveau der Liga, deren 15. Saison läuft: „Zum dritten Mal gastiert die Liga bei uns in Baden, das freut uns sehr.“ Mit der Wahl des ehemaligen Richters Schaffert beim DFB-Bundestag in Bonn findet Inklusion erstmals Vertretung im Präsidium des Fußball-Dachverbandes. Schafferts mittelfristiges Ziel ist es, in jedem Landesverband eine Inklusionsliga anzubieten.
Im allerersten Spiel der neuen Saison dominierte Marburg vom Anstoß weg. Schon nach 120 Sekunden klingelte es. Stürmer Alican Pektas traf mit präzisem Rechtsschuss zum schnellen 1:0. Der zweite Treffer demonstrierte, wie inklusiv und kommunikativ Spitzen-Blindenfußball sein kann. Der sehende Guide hatte Marburgs Kuttig vor einem Freistoß instruiert. Dies geschieht über das Klopfen an die Pfosten und mittels verklausulierter Kommandos. Also wusste Kuttig exakt, wie die Düsseldorfer ihre Mauer postiert hatten und traf eiskalt ins linke Eck. „SL unten“ und dreimal Klopfen. Kuttig ließ es einfach aussehen.
„Klar mussten wir dieses Spiel gewinnen. Dennoch, ich bin zufrieden, wir hatten sofort Fokus. Wir sind besser als im Vorjahr“, meinte Marburgs Trainer Manfred Duensing. In der zweiten Halbzeit traf auch noch der 17-jährige Neuzugang aus Berlin, Nico Rother. „Nico ist ein wissbegieriger, fleißiger Spieler, das freut jeden Trainer.“ Weil Rother B2-Status hat, kann er bei der Europameisterschaft im Juni in Italien nicht eingesetzt werden. Mit dem Talent setzen die Marburger ihren erfolgreichen Umbruch fort. Duensing ist es gelungen, frühere Leistungsträger wie Robert Warzecha und Thomas Horn zu ersetzen. Mit Kuttig, Pektas und Rother stellen die Marburger das vielleicht stärkste Triplet der Liga.
Die beiden anderen Topteams waren in Karlsruhe nicht am Start, da die Blindenmannschaften von Hertha BSC und Borussia Dortmund kurzfristig abgesagt hatten. Die Partie Hertha BSC gegen den FC St. Pauli wird nachgeholt, da bei den Berlinern sieben Spieler ärztlich attestiert erkrankt waren. Die Partie MTV Stuttgart gegen Borussia Dortmund dagegen wird als 2:0-Sieg für die Schwaben gewertet. Solange vier Feldspieler und ein Torwart im Spielerkader zur Verfügung stehen, ist die Bundesligamannschaft zum Antreten verpflichtet. Der Ligavorstand war aufgrund der Absagen zu einer kurzfristig einberufenen Sitzung zusammengekommen.
Als „Ersatz“ für die ausgefallenen Punktspiele fand auf dem Karlsruher Schlossplatz bei strahlendem Sonnenschein das Spiel einer Prominenten-Auswahl mit dem ehemaligen Nationalspieler und KSC-Trainer Dirk Schuster und der früheren Nationaltorhüterin Silke Rottenberg statt. Rekordmeister MTV Stuttgart bestritt ein Freundschaftsspiel gegen Blista Marburg.
Am 17. September auf dem Kölner Roncalliplatz, direkt neben dem Dom, darf man auf ein „Finale Furioso“ hoffen. Im allerletzten Spiel treffen dann Vorjahresmeister St. Pauli und Rekordmeister Stuttgart aufeinander. Die Saison wird vor einer Rekordkulisse enden, soviel ist gewiss. Die Deutsche Telekom, VW und VANDA Pharmaceuticals sind Partner der Liga, die von der DFB-Stiftung Sepp Herberger gemeinsam mit dem Deutschen Behindertensportverband und dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband organisiert und finanziert wird.