Der neue Deutsche Meister im Blindenfußball heißt FC St. Pauli. Ein verwandelter Penalty von Jonathan Tönsing sicherte den Hamburgern den Titelgewinn. Mulgheta Russom hatte den überragenden 22-jährigen Stürmer fünf Minuten vor Schluss im Strafraum von den Beinen geholt. Zum zweiten Mal holten die Kiezkicker sich damit die Meisterschale, nachdem sie in den letzten drei Jahren immer im Finale unterlegen waren.
„Das fühlt sich gerade sehr gut an“, sagte St. Paulis Trainer Wolf Schmidt kurz vor der Siegerehrung. „Unser Sieg ist verdient. Wir hatten hier vor dem Spiel eine überragende Teamsitzung. Da wusste ich schon, dass wir gut sein werden. Diese Momente gerade sind die Veredelung von sehr viel harter Arbeit.“
Kalt war’s, der Himmel grau, doch das stoppte die Bonner nicht. Mehrere tausend Zuschauer verfolgten über den Tag verteilt die Spiele der europaweit einzigartigen Liga. Beim allesentscheidenden letzten Punktspiel der Saison spürte man Endspielatmosphäre.
Einer der vielen Zuschauer auf dem Münsterplatz war Bernd Neuendorf, Präsident des Fußball-Verbandes Mittelrhein. 2019 hatte er Alfred Vianden an der Spitze des Verbandes abgelöst und sich seitdem auch für die Entwicklung des Fußballs für Menschen mit Behinderung stark gemacht. Neuendorf ist optimistisch, wenn es um die Zukunft des Blindenfußballs geht. „Die Nationalmannschaft ist das Zugpferd. Wenn wir uns für die Paralympics 2024 in Paris qualifizieren könnten, würde nochmals Dynamik reinkommen“, sagte Neuendorf in Bonn. Auf dem Weg dorthin wird der DFB über seine Sepp-Herberger-Stiftung die Blindenfußball-Nationalmannschaft unterstützen.
Den dritten Platz belegen die Sportfreunde Blau-Gelb Blista Marburg. Mit etwas Dussel rettete der fünfmalige Meister diesen dritten Rang. Borussia Dortmund wäre mit einem Sieg noch vorbeigezogen, scheiterte aber an den eigenen Nerven. Die favorisierten Hessen waren durch ein Tor des starken Alican Pektas in der zweiten Halbzeit 1:0 in Führung gegangen, doch Hassan „Ted“ Altunbas gelang aus kurzer Distanz der Ausgleich. Für Marburg begann das große Zittern, zumal man zu viele Teamfouls ansammelte. Zweimal trat Altunbas in den Schlussminuten zum Penalty an. Ein Tor fiel nicht mehr. Die Punkteteilung reichte Marburg für den dritten Platz.
Das Finale bot dann ein Spiel auf höchstem Niveau mit zwei der weltweit besten Blindenfußballer: Tönsing bei St. Pauli, Alexander Fangmann beim Rekordmeister MTV Stuttgart. Immer wieder setzten beide Ausnahmespieler zu beeindruckenden Sololäufen an. Die Verteidigungsreihen stemmten sich dagegen. Um 18.30 Uhr bei hereinbrechender Nacht überreichte Dirk Janotta, Vorsitzender der DFB-Stiftung Sepp Herberger, die Schale an die strahlenden Spieler des FC St. Pauli. Und am Rande des Platzes schaute Ludwig van Beethoven von seinem Denkmal herüber. Der wusste ja auch schon, wie man trotz eines Handicaps Großes leisten kann.
FC Schalke 04 – BSV 1958 Wien 0:0
Hertha BSC – SG Fortuna Düsseldorf / 1. FC Düren 6:0
Sportfreunde Blau-Gelb Blista Marburg – Borussia Dortmund 1:1
FC St. Pauli – MTV Stuttgart 1:0