Schon vorher war klar: Am 2. Spieltag der Blindenfußball-Bundesliga würden Weichen gestellt werden. Der Spielplan wollte es so. Nach dem Spieltag in Dortmund steht nun der FC St. Pauli mit neun Punkten an der Tabellenspitze. Vorjahresmeister SF/BG Blista Marburg muss dagegen noch bangen, ob es erneut zur Finalteilnahme reicht. Denn zum Auftakt der Runde gelang den Hamburgern am Samstag in der Neuauflage des Finales von 2019 ein 1:0 gegen die Marburger. Matchwinner war einmal mehr Jonathan Tönsing.
Dabei hatte Tönsing nach einem Zusammenprall mit Marburgs Torjäger Alican Pektas Mitte der ersten Halbzeit angeschlagen den Platz verlassen müssen. Paulis Trainer Wolf Schmidt wechselte Paul Ruge ein. In der zwölften Minute kam Marburg dann durch Double Penalty zu einer Großchance, scheiterte aber an Nationaltorwart Sebastian Themel, der den Schuss von Serdal Celebi zu parieren wusste. Insgesamt hatte der Meister Probleme eine Linie in sein Spiel zu bekommen, was sich auch daran zeigte, dass sie mehrfach im Spiel den Ball durch Doppelkontakt bei Standardsituation leichtfertig herschenkten.
Mit Wiederanpfiff verwandelte Tönsing dann die Überlegenheit der Hamburger in Zählbares. Marburg verlor den Ball nach dem Anstoß und während die Abwehr gedanklich noch in der Halbzeit war, schoss Tönsing aus acht Metern präzise in die linke Ecke. Vier Minuten vor dem Ende bekam Marburg dann noch einmal die Chance auf den Ausgleich. Thomas Horn schoss den Double Penalty auf den Kasten von Sven Gronau. Der aber lenkte den Ball mit den Fingerspitzen an den Pfosten und rettete dadurch den perfekten Saisonstart für St. Pauli.
Der MTV Stuttgart gewann ebenfalls am Samstag durch den Treffer von Alexander Fangmann auch ihr zweites Saisonspiel gegen Borussia Dortmund. Am Ende einer umkämpften und zerfahrenen Anfangsphase verbuchte der BVB die erste Großchance. Hasan Altunbas zog nach Ballgewinn in der eigenen Hälfte im Tempodribbling bis an die Straufraumkante und scheiterte mit seinem wuchtigen Flachschuss nur am starken Fußreflex von Schlussmann Tim van Aken (7.).
Stuttgart dagegen hatte mehr Ballbesitz, brauchte jedoch bis zur 15. Spielminute und eine Standardsituation, um für Gefahr zu sorgen. Mulgheta Russoms strammer Freistoß klatschte allerdings nur flach an den Pfosten. Zwei Zeigerumdrehungen später machte es wieder einmal Alexander Fangmann besser und ließ seine Farben jubeln. Einen möglichen Strafstoß verlegten die Unparteiischen Zentimeter vor die Linie, Fangmann war es auch unter freundlichen Mithilfe der löchrigen Mauer egal: Er traf flach zur Führung.
Marburgs Spieler hatten dann den Frust über das 0:1 gegen St. Pauli einfach weggeschlafen. Am Sonntag meldete sich Marburg mit einem Kantersieg zurück und untermauerte seine Finalambitionen. Am 24. Oktober steigt in Magdeburg das Endspiel um den Titel. Gegen den Neuling, die Spielgemeinschaft PSV Köln/Hertha BSC, setzte sich der fünffache Meister mit 8:1 durch. Überragender Akteur war Taime Kuttig, dem vier Tore gelangen.
Marburgs Stürmer Alican Pektas, der gegen Berlin zweimal traf, sagte nach dem Schlusspfiff: "Wir sind mit der Erwartung, viele Tore zu schießen in die Partie gegangen. Und wir wollten das nicht per Einzelleistungen lösen, sondern spielerisch als Team. Es ist sicherlich ein Vorteil, dass Taime und ich ziemlich regelmäßig treffen. Wir haben dadurch eine Option. Allerdings müssen wir unser Spiel über die gesamte Spiellänge durchziehen."
Beim kampfbetonten Spitzenspiel zwischen dem FC St. Pauli und dem MTV Stuttgart feierten die Kiezkicker durch den Doppelpack von Jonathan Tönsing einen weiteren Erfolg und können mit nun neun Punkten schon fast sicher mit dem Finale planen.
Die hektische Anfangsphase war von Nickligkeiten und vielen Diskussionen geprägt. Der Stuttgarter Lukas Smirek sah für eine harte Grätsche früh die Gelbe Karte - es sollte nicht die letzte bleiben. Die Hanseaten hatten leichte Feldvorteile, ohne jedoch zwingend vors Tor zu kommen. Stuttgarts Alexander Fangmann erarbeitete sich dann die erste Halbchance, sein Flachschuss aus spitzem Winkel strich aber deutlich am langen Pfosten vorbei.
Der FC St. Pauli wurde durch Tönsing im Anschluss an einen Freistoß erstmals gefährlich und zwang die Stuttgarter in der Folge zu vielen Foulspielen. So war der MTV schon in der elften Spielminute mit dem fünften Teamfoul angezählt. Mit Wiederanpfiff gelang es St. Pauli, etwas weniger hektisch zu agieren, eine weitere Großchance durch Tönsing war die logische Folge (23.) und als Mulgheta Russom zwei Zeigerumdrehungen später sein fünftes Foul kassierte und das Feld verlassen musste, begann die stärkste Phase der Kiezkicker.
Scheiterte Tönsing in der 26. Spielminute noch an van Aken, war der Torjäger vom Dienst drei Minuten später zur umjubelten Führung zur Stelle. Bei seinem schnellen Dribbling bekam die Stuttgarter Defensive keinen Zugriff und Tönsing drosch den Ball aus sechs Metern wuchtig in die Maschen. Nachdem auch Vedat Sarikaya ausgefoult den Platz verlassen musste (34.), sorgte wieder Tönsing eine Minute später für die Entscheidung und überwand mit seinem abgefälschten Flachschuss aus fünf Metern van Aken erneut.
Der FC St. Pauli siegte in dieser umkämpften Begegnung am Ende verdient und steht, so Rasmus Narjes, schon mit "eineinhalb Beinen bereits im Finale" während der MTV Stuttgart seine erste Niederlage kassierte und am abschließenden Spieltag in Hamburg die Marburger wohl im Duell um Platz zwei schlagen muss.